Mitte April beantwortete der Regierungsrat eine dringliche Anfrage von FDP-Landrätin Christine Frey zur Mehrwertabgabe. Im Zentrum stand der Umgang mit der kürzlich eingereichten kantonalen Volksinitiative «Fairer Kompromiss bei der Mehrwertabgabe». Mit über 3000 Unterschriften fordert der Hauseigentümerverband Baselland eine Reform, die Hauseigentümer vor übermässigen finanziellen Belastungen schützt und eine ausgewogene Lösung zwischen den Interessen der Gemeinden und der Eigentümer schafft. Mit der Initiative setzt der HEV Baselland ein klares Zeichen für eine faire und zukunftsorientierte Lösung, die den Volksentscheid von 2019 respektiert.
Das Zustandekommen der Initiative soll demnächst im Amtsblatt publiziert werden. Ab dann tritt die sechsmonatige Frist zur Ausarbeitung einer regierungsrätlichen Vorlage in Kraft. Trotzdem laufen im Landrat parallel dazu Beratungen zur ursprünglichen Vorlage der Regierung – ein Umstand, den Frey als «demokratiepolitisch heikel» einstuft und deshalb dem Regierungsrat Fragen stellte. «Aus meiner Sicht und aus der Optik des HEV Baselland ist es schwer nachvollziehbar, dass eine Volksinitiative mit über 3000 Unterschriften bislang keine erkennbare Berücksichtigung findet», sagt Frey. «Statt auf dieses klare Signal aus der Bevölkerung einzugehen, entsteht der Eindruck einer unkoordinierten Doppelspurigkeit zwischen Regierungs- und Initiativvorlage.» Das schaffe nicht nur Rechtsunsicherheit, sondern schwäche auch das Vertrauen in einen geordneten demokratischen politischen Prozess, erklärt Frey. Ihre Kritik: So, wie die Regierung zurzeit vorgeht, erhöht sie das Risiko, dass die Stimmbevölkerung innert kürzester Zeit zweimal über dieselbe Sache abstimmen muss – ein Szenario, das weder sinnvoll noch nachvollziehbar ist. «Ein Marschhalt in der laufenden Beratung wäre daher mehr als angebracht», sagt Frey.
In seiner Stellungnahme wies der Regierungsrat die Zuständigkeit für eine Sistierung von sich: Das Geschäft befinde sich bereits beim Landrat, heisst es in der schriftlichen Beantwortung der Fragen. Es sei daher Sache der parlamentarischen Gremien, über die weiteren Schritte zu entscheiden.
Zudem warnt die Regierung davor, jede Initiative automatisch zum Anlass für eine Sistierung zu nehmen. Eine solche Praxis könne dazu führen, dass gezielte Initiativ-Einreichungen den Parlamentsbetrieb blockierten. Die damit verbundene Rechtsunsicherheit träfe nicht nur die Legislative, sondern auch betroffene Gemeinden, die auf klare gesetzliche Grundlagen warteten.
Es drohen zwei Abstimmungen
Frey betonte mehrfach, dass es ihr nicht um Verfahrensfragen gehe, sondern um das Vertrauen in geordnete basisdemokratische Abläufe. Die Vorstellung, Stimmbürgerinnen und Stimmbürger müssten möglicherweise zweimal innert kurzer Zeit über denselben Regelungsbereich abstimmen, erachtet Frey als «weder sinnvoll noch zumutbar. »
Wenn sich die Regierung aus der Verantwortung nehme, sei das zwar formal korrekt – aber politisch unbefriedigend, erklärt Frey. «Wer klare demokratische Signale ernst nimmt, muss auch bereit sein, bestehende Prozesse zu hinterfragen», sagt sie. Dass der Regierungsrat die Fragestunde – statt Klarheit zu schaffen – dazu nutzte, der Fragestellerin politisches Kalkül zu unterstellen, wirft grundsätzliche Fragen zum Debattenverständnis der Regierung auf.
Die politische Diskussion dürfte nicht nur auf institutioneller Ebene weitergehen, sondern auch zunehmend öffentlich geführt werden: Während die Öffentlichkeit weiterhin auf Klarheit wartet, muss die Bau- und Planungskommission des Landrates in der Sache eine Lösung finden, die der Regierung, dem Landrat sowie dem Initiativkomitee als akzeptabel erscheint.